Eisiger Wind im Kantonsrat St.Gallen – Mindestabstand für Windkraftanlagen abgelehnt

Der Kantonsrat St.Gallen hat in der Wintersession ’23 am 29. November eine Motion der SVP-Fraktion abgelehnt. Für die geplanten Windkraftanlagen im Kanton St.Gallen wird aus der Lärmschutzverordnung ein Mindestabstand von ca. 300-500 Metern abgeleitet – dies auch bei Höhen der Windräder von über 200 Metern. Die Motion der SVP verlangte einen Mindestabstand von 1000 Metern zu bewohnten Gebäuden, so wie es im Ausland üblich ist. Die darauffolgende Debatte lässt sich wie folgt zusammenfassen: ein Mindestabstand ist aus Sicht der Kantonsräte nicht möglich, weil dann keine Windräder gebaut werden können.

Ein eisiger Wind wehte durch den Kantonsratsaal, als die Motion der SVP-Fraktion «Mindestabstand von 1’000 Metern für Windkraftanlagen» vom Kantonsrat behandelt wurde. Bereits im Vorfeld empfahl der Regierungsrat Nichteintreten – mit zum Teil abenteuerlichen Begründungen. So behauptet die Regierung, dass die «notwendigen meteorologischen Bedingungen für Vereisung sind im Kanton St.Gallen selten anzutreffen» seien. Ist das so? Nebst zahlreichen anderen Quellen finden wir in einem Bericht von 2005 «Sicherheit von Windkraftanlagen in der Schweiz» im Auftrag des Bundesamts für Energie zum Thema Eisbildung und Eiswurf folgende Hinweise:

Die Vereisung von Windkraftanlagen oder Messinstrumenten kann durch zwei folgenreiche Vereisungsarten entstehen:

Raureif (Raufrost) bildet sich immer dann, wenn diese Objekte Temperaturen unter 0 oC ausgesetzt sind und mit unterkühlten Wassertröpfchen aus Nebel oder Wolken in Berührung kommen.

Klareis (Glatteis) wird durch eine Warmfront verursacht, die auf bodennahe Kaltluft auftrifft. Bei einsetzendem Niederschlag werden die Regentropfen beim Durchfallen der Luftschichten aufTemperaturen unter dem Gefrierpunkt abgekühlt ohne dabei zu gefrieren. Trifft dieser Regen auf gekühlte Gegenstände, deren Temperatur ebenfalls unter 0oC liegt, bildet sich sofort ein Eisbelag, der als Eisregen bekannt ist.

Ob der Klimawandel zwischenzeitlich so stark zugeschlagen hat, dass sich die meteorologischen Bedingungen für Eiswurf und Eisbildung seit 2005 verändert haben?

Quelle: Schlussbericht November 2005, Sicherheit von Windkraftanlagen, in der Schweiz

Im Antrag der Regierung wird die Notwendigkeit eines Mindestabstandes dadurch bestritten, da «mittels einer Auflage sichergestellt werden kann, dass die eingesetzten Rotorblätter mit eisphober Beschichtung ausgerüstet sind (Anti-Icing) oder dass die Windkraftanlage über eine Sensorik zur Eiserkennung verfügt, welche die Anlage automatisch abstellt, bis das Eis abgetaut ist.»

Quelle: Antrag der Regierung Motion Mindestabstand 1000 Meter für Windräder

Interessanterweise erfährt der geneigte Zuhörer im Laufe der Debatte, dass Windräder gerade deshalb so gut für die Stromerzeugung in der Schweiz geeignet seien, weil sie im Winter am meisten Strom produzieren. Leider kommt der augenscheinliche Widerspruch, dass Rotoren wegen Eisbildung abgeschaltet werden müssen im Winter, im Kantonsrat nicht zur Sprache. Man darf also gespannt sein auf die Wirkung der «eisphoben Beschichtung.»

Weder die Bitte der SVP an die Kantonsratsversammlung, die Bevölkerung mit einem Mindestabstand vor negativen gesundheitlichen Folgen durch Lärm und Infraschall zu schützen, noch deren Appell an die Vertreter der bürgerlichen FDP-Fraktion, sie mögen sich für den Schutz des Eigenheims und deren Wertverlust durch Windkraftanlagen einsetzen, stossen bei den Vertretern der anderen Parteien auf Verständnis.

Während der Sprecher der SVP-Fraktion eingangs betonte, man wolle keine Grundsatzdiskussion über Sinn und Unsinn von Windrädern führen, sondern einzig über den Mindestabstand, so wie er in Ländern mit wesentlich breiterer Windkraftanlagen-Erfahrung eine Selbstverständlichkeit ist, lief die daraus erfolgte Debatte genau in diese Richtung. Sämtliche Sprecher der anderen Parteien sprachen über die Wichtigkeit der Stromversorgung und als einzige Lösung gegen Stromlücken die Windräder, deren Bau mit einem Mindestabstand von 1000 Metern weitgehend verhindert werden würde.

Dazu bleibt eine Frage offen:

Warum kennt man im Ausland denn überhaupt einen Mindestabstand, wenn er doch gemäss Regierung und Kantonsvertreter «weder aus Gründen des Umweltschutzes (Lärm, Licht) noch aus Sicherheitsgründen (Eisfall) notwendig» sein soll?

Die Debatte dauerte über eine Stunde und kann hier auf dem Youtube Kanal des Kantons St.Gallen verfolgt werden. Wir haben uns erlaubt, in einem Zusammenschnitt das Negieren von Gefahren durch die Kantonsräte zu zeigen, sowie deren Bemühungen, die Notwendigkeit von Windrändern über Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung und dem Schutz deren Wohnhäuser zu stellen.

Mindestabstand von 1'000 Metern für Windkraftanlagen

Mindestabstand von 1'000 Metern für Windkraftanlagen

Zusammenfassung der Debatte im Kantonsrat St.Gallen